Gemeine Wegelagerer

Forscher warnen vor einem „Zecken-Sommer“. Die Ärztkammer rät dringend zur Zeckenschutzimpfung. Wir geben Ihnen einfache Tips, wie Sie sich die mitunter äußerst gefährlichen Plagegeister vom Leib halten können

Kaum werden die Temperaturen milder (ab 5° C geht’s los) und das Beinkleid etwas luftiger, hat man als Wanderer mit etwas Pech bald unliebsame Mitreisende. Die blinden Passagiere – Ixodes ricinus alias Gemeiner Holzbock oder auch „der Zeck“ – holt man sich allerdings nicht nur in der wildwuchernden Natur. Es reicht schon ein Spaziergang in der städtischen Parkanlage, ein Besuch im Freibad oder am Wiener Zentralfriedhof (Ergebnis siehe Bild unten) – auch in der Großstadt lauert die Gefahr auf acht Beinen.

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Laut Ärztekammer ist es diesen Sommer besonders schlimm. Bereits 85 Menschen sind nach Zeckenstichen an FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) erkrankt und drei an den Folgen gestorben. FSME ist nach wie vor eine schwere Krankheit, die bis heute nicht geheilt werden kann. Während bei vielen Menschen nur banale Symptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen auftreten, kann der Virus aber auch das Gehirn infizieren (bei ca. 30 bis 40 Prozent der Erkrankten) und zu schweren neurologischen Schäden führen – im schlimmsten Fall mit tödlichem Ausgang.

Es gehen aber auch noch ganz andere Gefahren von Zeckenstichen aus. Während nur geschätzte ein bis zwei Prozent der Tiere FSME übertragen können (bei lokalen „Hotspots“ können es auch bis zu 10 Prozent sein), liegt der Prozentsatz bei Borreliose wesentlich höher. In Wien geht man davon aus, dass 30 Prozent der Zecken mit Borrelien verseucht sind und sich jedes Jahr landesweit an die 50.000 Menschen damit infizieren.

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Wie schon bei FSME kann auch hier eine Infektion symptomlos auftreten. Oft bleibt sie auch einfach unerkannt, da das Erscheinungsbild sehr diffus ist und atypische Verläufe keine Seltenheit darstellen. Sogar die Inkubationszeit variiert stark und reicht von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten … da haben viele den Zeckenstich schon längst wieder vergessen, und die Erkrankung wird falsch behandelt.

Da es gegen Borreliose – im Gegensatz zu FSME – keine Prophylaxe gibt und die Auswirkungen einer Infektion (sollte sie überhaupt richtig diagnostiziert werden) langwierig und unangenehm sein können, ist man gut beraten, einfache Vorkehrungen zu treffen, um es den Mistviechern nicht allzu leicht zu machen.

Unsere Tips:

1. Lange Bekleidung

Zecken lauern gern in kniehohem Gras. Tragen Sie daher lange, atmungsaktive Kleidung, wenn Sie durch hohe Wiesen oder Unterholz streifen. Das macht die Angriffsflächen kleiner.

03 Hände hoch, Wiese!

2. Socken in die Hose

Lange Kleidung erschwert den Wegelagerern den Zugriff; hartnäckige Zecken suchen sich aber dennoch einen Weg zur Nahrungsquelle und finden ihn oft über das schlackernde Hosenbein. Daher Socken über die Hose ziehen – auch wenn das im Sommer vielleicht ein bissl blöd ausschaut.

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3. Helle Bekleidung

Schützt zwar nicht vor Zecken, aber immerhin erkennt man sie vor hellem Hintergrund leichter und kann sie sofort entfernen.

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4. Repellents auftragen

Repellents sind Wirkstoffe, die durch ihren Geruch andere Organismen wie zum Beispiel Insekten abstoßen. Dabei unterscheidet man zwischen natürlichen und synthetischen Repellents.

Bei den natürlichen Mitteln handelt es sich meist um Präparate aus ätherischen Ölen, die etwa aus Zedern, Citronella, Minze oder Zitronen-Eukalyptus (z. B.: Anti Brumm©) gewonnen werden. Auch den Geruch von Kokosöl mögen die lästigen Parasiten anscheinend nicht sonderlich. Allerdings ist die Wirkungszeit des Öls nur relativ kurz, und es bietet keinen hundertprozentigen Schutz.

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Effektiver sind synthetische Repellents, zu denen etwa DEET-Präparate zählen. Die nicht ganz unumstrittenen Insektenschutzmittel, die ebenfalls direkt auf die Haut aufgetragen werden (etwa als Roll-on, Spray oder Lotion) garantieren Stichfreiheit und sind vor allem in Regionen mit einem hohen Übertragungsrisiko gefährlicher Krankheiten durch Insekten eine wichtige und verlässliche Schutzeinrichtung.

Persönliche Überzeugungen und Notwendigkeit werden Sie hier die richtige Wahl treffen lassen.

5. Hotspots meiden

Zecken halten sich gern im Unterholz und in hohen Wiesen auf. In der freien Natur oder auch im Park sollte man solche Areale – wenn möglich – meiden. Auch im eigenen Garten braucht man es den unliebsamen Gästen nicht allzu gemütlich zu machen.

6. Zecken-Checken

Zecken stechen nicht sofort! Sie suchen oft stundenlang, bis sie die richtige Stelle am Körper ihres Wirten gefunden haben. Daher ist es sinnvoll, sofort nach der Wanderung aus dem „Gewand zu fahren“, die Kleidung am besten gleich in die Waschmaschine zu stecken und anschließend den ganzen Körper abzusuchen. Beliebte Stellen sind unter den Achseln, in den Kniebeugen, im Kopf- und Halsbereich, unterm Busen (sofern man einen hat), zwischen den Pobacken und auch den Zehen. Dann am besten noch schnell unter die Dusche und hoffen, dass man keinen Parasiten übersehen hat.

ACHTUNG: Zecken überleben problemlos einen Waschgang bei 40° C und laut einer Studie auch tagelang unter Wasser!

Was soll man tun, wenn man doch von einem Zeck gestochen wurde?

Am besten so schnell wie möglich entfernen oder entfernen lassen. Im Gegensatz zu FSME, das unmittelbar nach dem Stich übertragen wird, dauert es bei Borrelien mehrere Stunden, bis sie ins Blut gelangen. Das liegt daran, dass die Bakterien im Darm des Tiers angesiedelt sind und erst zum Ende des Saugvorgangs ausgeschüttet werden.

Zum Entfernen nimmt man eine Pinzette – und zwar nur die! Kein Öl, keinen Klebstoff und auch keinen Nagellack. Diese Hausmittel stressen das Tier zusätzlich und führen unter Umständen dazu, dass es seinen Darminhalt vorzeitig entleert. Mit der Pinzette ergreift man die Zecke knapp über der Haut und zieht sie vorsichtig heraus – nicht drehen! Anschließend untersucht man den Einstich darauf, ob der Kopf vollständig entfernt wurde, und säubert die Wunde dann mit einem Desinfektionsmittel. Die Zecke anschließend nicht ins Klo werfen, sondern lieber mit der Pinzette zerquetschen und aufbewahren, falls sich der Stich in weiterer Folge auffällig verhält. Sollten in den Tagen nach dem Stich grippeähnliche Symptome auftreten oder sich ein roter Kreis um die Wunde bilden, unbedingt einen Arzt aufsuchen und den toten Zeck mitnehmen.

Hier finden Sie eine bebilderte Anleitung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit, wie sie den Parasit richtig entfernen.

Lassen Sie sich das Wandervergnügen trotz Zecken nicht verderben. Wenn Sie sich an die paar Tips aus unserem Artikel halten, gegen FSME geimpft sind und gleich nach dem Wandern überprüfen, ob sich nicht ein Parasit an Sie gehängt hat, können Sie den Wienerwald – und die in unserem Buch beschriebenen Wanderungen – trotzdem genießen. Hauptsache, der Zeck ist weg!  (kat)

 

 

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