Der 1000-Schilling-Mann

Beim Wandern im Wienerwald begegnet man immer wieder Prominenten. Nicht alle davon sind noch am Leben, aber manche sind für unser Überleben wichtig

Im Zuge unserer Wanderungen im wunderschönen Wienerwald kommen wir nicht nur oft an geschichtsträchtigen Schauplätzen wie Mayerling (W26), wo Kronprinz Rudolf und seine Mary Vetsera ihr tragisches Ende fanden, oder der letzten Ruhestätte der Husaren (W21) vorbei, sondern treffen auch immer wieder auf berühmte Persönlichkeiten. Mark Twain hat zum Beispiel eine Zeit lang in einem Haus in Kaltenleutgeben gewohnt, das wir bei unserer Wanderung im Höllensteingebirge (W19) sehen können. Ludwig van Beethoven hingegen ist gern durchs Helenental (W23) spaziert – und an den Besuch der Kaiserin Elisabeth am 23. April 1862 erinnert noch heute eine Gedenktafel am Kaiserbrünndl, der Quelle des Wienflusses.

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Das sind Namen, die vermutlich den meisten von uns ein Begriff sind. Aber wissen Sie auch, wer Karl Landsteiner ist? Ich muss gestehen, ich wusste es nicht – obwohl sein Konterfei bis zur Währungsumstellung den 1000-Schilling-Schein zierte (aber wer hat als Student schon so viel Geld?) und ihm Google einen eigenen Doodle zum Geburtstag gewidmet hat. Erst bei unserer Wanderung vom Irenental über den Troppberg nach Wien-Hadersdorf, die Nr. 9 („Panorama Troppikana“) aus dem wunderbaren Wanderbuch „Wandern im Wienerwald“, fiel mir kurz vor dem Ziel und der Bahnstation Purkersdorf-Sanatorium diese Infotafel an einer Hauswand auf.

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Dr. Karl Landsteiner, geboren am 14. Juni 1868 in Baden, war Pathologe, Serologe und Hämatologe. Er stellte während seiner Arbeit fest, dass das Blut zweier Menschen, wenn man es vermischt, oft verklumpt. Anhand dieser Beobachtung gelang es ihm in weiterer Folge, die Blutgruppen A, B und 0 zu identifizieren. Für diese Entdeckung wurde er 1930 mit dem Nobelpreis für Physik und Medizin ausgezeichnet. Etwas später erkannte Landsteiner, dass Bluttransfusionen für Personen mit der gleichen Blutgruppe Leben retten können, mit unterschiedlichen jedoch zur Zerstörung der Blutzellen führen. Diese Erkenntnis war wiederum grundlegend für die erste erfolgreich durchgeführte Bluttransfusion 1907 – am Mount Sinai Hospital in New York – und Grund dafür, dass wir seit 2004 an Landsteiners Geburtstag den „Weltblutspendetag” begehen.
Das war aber noch lange nicht alles. Landsteiner war laut Zeitzeugen voller Energie und Forscherdrang. So war er auch maßgeblich am Nachweis des infektiösen Charakters der Kinderlähmung, der erstmaligen Beschreibung des Rhesusfaktors, der Züchtung des Fleckfiebererregers in lebendem Gewebe und vielen anderen, unglaublich wichtigen und weichenstellenden Entdeckungen beteiligt. Kein Wunder also, dass 1976 sogar ein Mondkrater nach ihm benannt wurde …

Das Haus in Purkersdorf hat er übrigens gekauft, damit sein Sohn nicht in der Stadt aufwachsen musste. Dort las der große Mediziner dann vermutlich auch im Geheimen seine geliebten Kriminalromane – das hielt er deswegen so geheim, weil er diese Art Trivialliteratur angeblich unter seiner Würde fand 🙂  (kat)

 

 

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