An der Wanderung Nr. 7 („Blick ins Tullnerfeld“) hat sich nicht viel geändert seit der zweiten Auflage unseres handlichen Wegbegleiters „Wandern im Wienerwald“. Wir haben es diesmal nur mit einer neuen Anfahrtsroute probiert – und zwar vom Wiener Hauptbahnhof zum Bahnhof Tullnerfeld (oder „Tullnerfeld Bahnhof“, wie das in ÖBB-Sprache heißt). Besagter Bahnhof ist ein hypermodernes und naturgemäß seelenloses Gebäude mitten in der Landschaft, umgeben von Parkhäusern und Busbahnhof-Betonflächen. Sicher ein Segen für Pendler, aber als wir dort weilen, ist er geisterhaft leer und irgendwie unheimlich in der sonnigen Einöde. Aber wir können dort immerhin in den Bus (die Linie 411) steigen, der uns durch malerische Dörfer zum Ausgangspunkt der Wanderung bringt: dem Kirchenvorplatz von Königstetten, wo uns die gotische Pfarrkirche, der Barockbrunnen und die Dreifaltigkeitssäule fromm daran glauben lassen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Dort beginnt übrigens auch der Planetenweg, der uns ein gutes Stück unserer Wanderung begleiten wird – einer von vielen Planetenwegen im Wienerwald und anderswo, weil sowas halt einmal modern war in Fremdenverkehrskreisen, so wie Hochseil-Klettergärten, Naturlehrpfade oder Motorikparks. Aber erst einmal wird’s mit diesem Totempfahl in der Kogelgasse gleich ein bissl heidnisch (oder auch hippiekünstlerisch):
Danach geht’s auf einem Weg zwischen Wiesen und Weingärten bergauf, Richtung Tulbinger Kogel. Auf dem Weg finden wir das uns mittlerweile hinlänglich bekannte Schild, das den Verfasser dieser Zeilen die längste Zeit glauben ließ, dass irgendwo da unten eine Dame namens Mitzi Bankerl wohnt. Dem ist nicht so, ich gebe alles zu, schuld sind die alten, leidgeprüften Augen. Wenn man genauer hinschaut (was diesmal der Fall war), ist zwischen „Mitzi“ und „Bankerl“ ein schöner, altmodisch schräger Bindestrich zu erkennen. Die Sprachpolizei zieht somit demütig weiter.
Nicht lange danach kommen wir zum Waldeingang und zum unten abgebildeten Gedenkstein des ÖAV Königstetten. Ein geschichtsbewusster Wanderer hat darüber das Wort „Jahn“ hingeschrieben. Weil warum: Einst, vor gar nicht so langer Zeit, stand hier noch zu lesen, dass dieses Denkmal dem Turnvater Jahn gewidmet war. Dann war das wohl irgendwem peinlich, weil der alte Jahn ja heute nicht mehr als politisch korrekt gilt, und man hat die Erinnerung an ihn beseitigt. Nicht aber in den Köpfen … und auch nicht auf allen Landkarten, wie man gleich unter dem Foto sieht: Der Ort heißt nach wie vor „Jahnhöhe“.
Auf besagter Jahnhöhe finden wir übrigens auch die Station Saturn des Planetenwegs, ebenso wie die blaue Markierung, die uns bis zum Gipfel des Tulbinger Kogels leitet.
Wir gehen durch den wunderschönen Frühlingswald an der Flanke des Martinsbergs entlang …
… und sehen plötzlich diese Landvermesser-Markierung im Boden:
Ein Grenzpunkt – sehr erfreulich. Grenzen sind ja generell etwas Gutes und Erhaltenswertes, wie man gerade in Zeiten wie diesen merkt, wenn eine weltumspannende Seuchen- und/oder Klimadiktatur droht.
Aber bei dem Anblick fällt mir was ganz anderes ein: Vor vielen Jahren war ich einmal mit einem guten Freund wandern, der laut eigenen Aussagen große Teile seiner Kindheit und Jugend damit verbracht hat, seinen landvermessenden Vater (oder Onkel? Ich hab’s vergessen …) beim Vermessen von Wald und Feld im Wienerwald zu begleiten. Das muss ein schweres Trauma in ihm angerichtet haben. Ich erinnere mich noch, dass wir eigentlich frühmorgens losgehen wollten, er jedoch erst gegen Mittag – schwer verkatert – reisefertig war und vor Antritt der Wanderung noch zwei riesige Leberkässemmeln inhaliert hat. Dementsprechend träge war das Gehtempo, dementsprechend laut die Beschwerden, als es das erste Mal bergauf ging. Und als wir dann eine freundliche Anhöhe erreichten, wo eine Warte darauf wartete, bestiegen zu werden, ließ er sich schwer auf eine Bank fallen und verweigerte den Aufstieg: „Keinen Meter geh’ ich da weiter hinauf!“ deklamierte der gute Freund im auf das ganze Universum beleidigten Tonfall. Der Mann kannte seine Grenzen – und hat sie weit unterschritten.
Die Wanderung mit ihm mündete daher recht bald danach in einem Gastgarten und bei etlichen Gspritzten. Hätten wir in den frühen Abendstunden nicht einen gütigen Bauern kennengelernt, der uns auf seinem Traktoranhänger zum nächsten Bahnhof mitfahren ließ, würden wir vielleicht heute noch irgendwo herumirren …
Wo waren wir? Ach ja: Aufstieg zum Tulbinger Kogel. Dort oben entdecken wir auch unsere Lieblings-Science-Fiction-Warte, die uns einen schönen Blick ins Tullnerfeld (wir halten ja, was wir versprochen haben) gewährt.
Bald danach, auf dem Weg Richtung Passauerhof (der leider auch schon lang nicht mehr offen hat), erreichen wir obiges Marterl mit Gedenktafel – die Geschichte des Jammertals wird auch in unserem Wanderbuch extra erwähnt.
Was wir aber gleich daneben entdecken müssen: Jemand hat den Neptun gestohlen! Wer macht sowas? Bringen Sie bitte sofort den Planeten zurück!
Dies ist aber nicht das letzte bedrohliche Zeichen, dem wir auf unserer heutigen Route begegnen. Das größte Wunder ist nämlich dieser zufällige Fund am Wegesrand:
„Corona Extra“? Will uns das Schicksal damit etwas sagen? Handelt es sich dabei etwa um die berühmte zweite Welle, mit der uns der Reichskanzler seit einiger Zeit bedroht, um das ganze Land mit weiteren sinnlosen Verordnungen und „Maßnahmen“ überziehen zu können? Geht es wirklich darum, zusammenzuhalten – oder sollen wir’s lieber nur zsammhaltn, wie man auf gut Wienerisch sagt, und uns alles gefallen lassen? Ist das jetzt der „nationale Schulterschluss“ oder eher ein kollektiver Kopfschuss?
Mit diesen großen Fragen entlassen wir Sie in den Wienerwald, wo noch keine Schandmasken vorgeschrieben sind und Sie eventuell auch einmal husten dürfen. Und wünschen Ihnen weiterhin – trotz der langweiligen Virenpanik – viel Freude beim Wandern! (ph)
[…] DAZU:Anfang Mai waren wir wieder einmal auf dieser Route unterwegs – und sahen dabei allerlei „Zeichen und Wunder“. […]