Carl Hermann, die Blockheide und der Nebelstein

Das Heidemännlein in Gmünd weist nicht nur auf den Naturpark Blockheide hin, sondern auch auf dessen Mitgründer Carl Hermann. Der Künstler und begeisterte Wanderer war zudem für den Nord-Süd-Weitwanderweg 05 verantwortlich

„Ja, wie es denn wohl wäre, von der neuen in die alte Heimat zu gehen?“

Dieser Gedanke kam dem Künstler Carl Hermann im Jahr 1967 bei der Bearbeitung eines Granitblocks in seiner Waldviertler Wahlheimat Gmünd. Und damit war auch schon die Idee geboren, einen Wanderweg von der tschechischen Grenze in Niederösterreich bis zu Hermanns Geburtsort Wies in der südlichen Steiermark zu schaffen.

CarlHermann
Photo: © Dr. Nödl (www.carlhermann.at)

Hermann wurde 1918 geboren und wollte sich trotz einer bald festgestellten Farbenblindheit für Pastelltöne unbedingt seinen Wunsch verwirklichen, Künstler zu werden. Er studierte nach einer abgebrochenen Zimmermannslehre ab 1940 in Graz Bildhauerei und lernte später bei Josef Thorak, der mit seinen Monumentalskulpturen einer der Lieblingsbildhauer des Naziregimes geworden war, in München weiter. Gleichzeitig war Hermann in einer Widerstandsgruppe tätig, was ihm fast zum Verhängnis geworden wäre: Er wurde gefasst und zum Tode verurteilt, konnte aber in den letzten Kriegstagen flüchten und ließ sich 1945 in Gmünd nieder. Dort widmete sich Hermann fortan der Kunst und schuf bildhauerische Werke ebenso wie Mosaike und Hinterglasarbeiten.

Der freischaffende Künstler war zugleich ein großer Naturfreund und begeisterter Wanderer. Diese Passion brachte ihn dazu, seiner eingangs erwähnten Idee zu folgen und sich in der Planung und Errichtung des Nord-Süd-Weitwanderwegs 05 – des ersten durchgehend markierten Weitwanderwegs Österreichs – zu engagieren, der 1970 der Öffentlichkeit übergeben wurde. Carl Hermann war übrigens auch der erste Wanderer, der diesen neuen Weg zur Gänze absolvierte sowie tatkräftig bei dessen Markierung und Beschilderung mithalf.

04 WWW05, 43 Jahre später 1

Die insgesamt ca. 500 km lange Route vom Nebelstein im nordwestlichen Waldviertel – den wir auch im Zuge der Wanderung 1-4 – Ein inszenierter Gipfel. Auf den Nebelstein und nach Moorbad Harbach aus unserem Buch Wandern im Waldviertel erreichen – nach Eibiswald an der steirischen Grenze zu Slowenien wurde zur beliebten Wanderstrecke und in den ersten 50 Jahren ihres Bestehens von mehr als 7.000 Personen begangen. Auf dem Weg erinnerte ab 1988 die Carl-Hermann-Notunterkunft in den Lavanttaler Alpen an den Bildhauer; leider musste diese wichtige Station aber 2015 wegen der Kündigung durch den Eigentümer der Hütte geschlossen und abgerissen werden.

Auch die Pauluskapelle im Koralpengebiet, auf der steirischen Weinebene, liegt am Weitwanderweg 05. Der heilige Paulus war für Carl Hermann einer der ersten Wanderer, da er als Apostel der Überlieferung nach weite Strecken zu Fuß zurückgelegt hat. Aus diesem Grund übernahm der Künstler auch Entwurf und Gestaltung der Kapelle, die nach seinem Tod im November 1986 zu seiner letzten Ruhestätte werden sollte. Der „05er“ ist aber auch noch an etlichen anderen Stellen von Plastiken und Skulpturen des Künstlers gesäumt. Am Zielort Eibiswald kann man sich zudem im ÖAV-Weitwandermuseum näher über den „Vater der Weitwanderer“ informieren.

Heidemännlein

Spuren seines Schaffens findet man aber auch andernorts. So war Carl Hermann beispielsweise Mitgründer und ab 1973 geschäftsführender Obmann des Naturparks Blockheide bei Gmünd, die Teil unseres im Buch Wandern im Waldviertel beschriebenen Stadtspaziergangs ist. Als dessen Symbol schuf er das „Heidemännlein“ (siehe Fotos), das in Form von Skulpturen und auf Wegweisern zu sehen ist. Auch die Beschriftungen der oft bizarr geformten Steinformationen im Naturpark stammen aus seiner Hand. Zu seinen Ehren errichtete man ein Marterl in der Nähe des Aussichtsturms.

Carl_Hermann2

Neben seiner künstlerischen Tätigkeit war Hermann erster Vorsitzender der Sektion Weitwandern sowie Mitbegründer der Sektion Waldviertel des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV), als deren Vorsitzender er mehr als ein Vierteljahrhundert lang fungierte. Am Nebelstein, dem Beginn „seines“ Nord-Süd-Weitwanderwegs, wurde zur Erinnerung an ihn eine Stele aufgestellt – die daran erinnert, dass das österreichische Wanderleben ohne Carl Hermann um einiges weniger vielseitig wäre.

Carl_Hermann

Das restaurierte Carl-Hermann-Haus befindet sich im Gmünder Ortsteil Grillenstein an der Adresse Fuchssteinweg 16 und ist in Privatbesitz. Gelegentlich sind dort Ausstellungen zu sehen. Nähere Informationen finden Interessierte auf folgender Website: www.carlhermann.at (kat)

Vorheriger Artikel

Auf Abwegen: Immer der Schlange nach

Nächster Artikel

Kaiserlicher Nachmittag in Schloss Laxenburg

Einen Kommentar schreiben

Einen Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Abonniere unseren Newsletter

Bleibe auf dem laufenden und werde informiert, sobald wir neue Beiträge hochladen.
Pure inspiration, zero spam ✨