Untergrund-Stars

Der vierte und vorläufig letzte Teil unserer Triest-Berichterstattung für das laufende Jahr lässt uns letzte erfreuliche Momente erleben, unterirdisch ein wenig abkühlen und ein bissl berühmt werden

Unser heuriger Triest-Aufenthalt nähert sich dem Ende. Und als wir so in der ganz alten Altstadt herumspazieren (siehe Bild unten), uns altmodische Hotelschilder ansehen …

… und uns zum Meridian von Triest stellen, bemächtigt sich meiner dieses Gefühl der Instant-Nostalgie, das ich mit zunehmendem Alter immer öfter verspüre: Schon im Moment, wenn man etwas erlebt, denkt man daran, wie wehmütig man in Zukunft an diesen Augenblick denken und ihn vor dem geistigen Auge erneut durchleben wird. Vielleicht liegt’s daran, dass man weiß, dass es diesmal das letzte Mal sein könnte …

Was mich zu einem ganz anderen und doch verwandten Thema bringt: meinem Geburtstag. Und dem Geburtstagsgeschenk, das ich bekommen habe – einen Ausflug zu den Höhlen von Postojna und der Burg Predjama. Ein ausgesprochen netter und witziger junger Slowene holt uns und ein paar andere Touristen vor einem der Triestiner Luxushotels ab, verfrachtet uns in einen Minibus und bringt uns dann im Rahmen einer „Get Your Guide“-Tour (sehr zu empfehlen) nach etwa einer Stunde Fahrt bis Postojna, ehemals Adelsberg, wo sich eine der größten Touristenattraktionen des Landes befindet, nämlich die besagten Höhlen.
Praktisch jeder, der sich einmal in Slowenien aufgehalten hat, kennt sie – und dennoch können Erzählungen, Photos und Videoaufnahmen das Erlebnis nur höchst unzureichend wiedergeben. Man muss diese unglaublichen Tropfsteinhöhlen schon selbst gesehen haben. Wie eigentlich alles auf der Welt. Fernsehen gilt nicht. Internet und soziale Medien schon gar nicht.

Das hindert aber die Teilnehmenden in der „deutschen Gruppe“, die zur Besichtigung eingeteilt wird (kann man für die Österreicher und Schweizer bitte eine eigene machen?), nicht daran, schon die Fahrt mit der rasanten kleinen Eisenbahn in die Tiefen der Höhle mit ihren depperten Smartphones vor dem Gesicht mitzuerleben, statt die Augen offenzuhalten und die Eindrücke in ihr Gehirn aufzunehmen. Wo ich während der mehrminütigen Reise zwischen Felsen und Tropfsteinen an die Lorenfahrt aus „Indiana Jones“ denken muss, denken diese Leute gar nichts, sondern lassen ihre Telefone für sich denken, schauen sich die Videoaufnahme vielleicht zu Hause einmal an oder belästigen ihre Freunde damit, laden das Werk eventuell sogar auf „Insta“ oder sonstwo hoch und haben damit wieder einen Schwung Gehirnzellen weggebrannt, vielleicht sogar die entscheidenden, die sie grad noch so am Funktionieren gehalten haben. Wer weiß? Wer will es überhaupt wissen? Ich genieße lieber die Fahrt in der Original-Grottenbahn.

Das Adelsberger Höhlensystem, in dem es das ganze Jahr über nur zehn Grad (!) hat, ist noch beeindruckender als die Grotta Gigante, die wir im verwichenen Jahr besucht haben – und das will etwas heißen. Alles, was es über die Postojna-Höhlen offiziell zu wissen gibt, können Sie der Website dieser Attraktion oder auch der Wikipedia (falls Sie der glauben) entnehmen; mir genügt es, hier ein paar persönliche Eindrücke zu schildern und Photos zu veröffentlichen, die übrigens von der wunderbarsten Begleiterin und Photographin von allen gemacht wurden.

In den Höhlen, durch die wir von einem kundigen, humorvollen und das Deutsche ausgezeichnet beherrschenden jungen Einheimischen geführt wurden, gibt es einen „Spaghettisaal“ und steinerne „Gardinen“, lebende Grottenolme, mächtige Tropfsteingebilde, gewagte Brücken und Gänge … und ein Wunder der Baukunst, das absolut faszinierend war. Nämlich dieses: Der Boden der Gänge, An- und Abstiege, über die man da geleitet wird, ist spiegelglatt und ziemlich nass, weil es in Tropfsteinhöhlen eben tropft, und trotzdem absolut rutschfest. Keiner von den Piefkes, die meist in einem noch fortgeschritteneren Alter waren als ich, hat sich derstessn. Und ich auch nicht. Man kann und soll sich also unbedingt dorthin trauen – und eventuell als englischsprachiger Mensch ausgeben. (Ich hör’ schon auf …)

Damit war das Geburtstagsgeschenk aber noch lange nicht zu Ende. Nach Postojna fuhren wir im Minibus weiter zur Burg Predjama, die auf dem Photo unten zu sehen ist. Diese im 12. Jahrhundert errichtete „Höhlenburg“, in der einst sogar ein richtiger Raubritter wohnte, liegt in einem Höhleneingang, ist gut erhalten (oder restauriert) und hat einen Zugang zur Höhle dahinter/darüber, in die sich die Bewohner bei Angriffen flüchten konnten.

Das Gebäude ist phantastisch, und für eine Besichtigung braucht man keine Führung, sondern mietet sich am Eingang einfach einen Audioguide. (Leute mit mobilen Überwachungsgeräten können sich den auf ihr mobile device herunterladen, aber es sind eben nicht alle Menschen gleich.) Der informiert über die im Stil des Mittelalters eingerichteten Räumlichkeiten, die allseits beliebte Folterkammer und den begabten Raubritter Erasmus von Luegg (15. Jahrhundert), der nach einem Verrat ausgerechnet am Häusl von einer steinernen Kanonenkugel erschlagen wurde.

Mit obiger Glocke wurden die Burgbewohner vor einem Angriff gewarnt, worauf sie sich …

… über Stege und Stufen in das obere Stockwerk der Höhle zurückziehen und hinter sich zumachen konnten. Übrigens gab es sogar einen Geheimgang, durch den sich Familie Raubritter mit Proviant versorgen konnte, während draußen die Ordnungshüter lauerten. Gute Geschichte, so wie vieles auf dem Audioguide. Da man in einer Stunde gar nicht alles in der Burg sehen kann, kamen wir natürlich zu spät zum Bus, aber es war uns niemand extra böse. Und beim nächsten Mal machen wir die Höhlenführung, bei der man mehrere Etagen des Höhlensystems durchschreiten kann.

Die letzten Abende in Triest waren wehmütig (siehe Instant-Nostalgie), aber schön … und auch heiter. Als wir nämlich kurz vor der Sperrstunde in unserem Lieblings-Eissalon noch zwei Eisbecher kauften, die wir dann vor dem Geschäft auslöffelten, kam ein Angestellter heraus, schaute interessiert, ging dann seinen Mistkübel ausleeren und fragte mich bei seiner Rückkehr auf Englisch: „My colleague thinks that you are a famous person, maybe from a band or something.“ (Er fragte für einen Freund.) „No, I’m not“, antwortete ich auf sein Ansinnen – und freute mich dabei still und heimlich.

Jetzt wissen Sie es also auch, liebe Leser: Ich bin eine famose Person. Und das ist doch auch ein schönes Geburtstagsgeschenk. (ph)

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