Ein herrlicher Spätsommertag – nicht zu heiß und nicht zu kühl, leicht bewölkt, also gerade richtig zum Wandern. Wir fahren mit dem Zug nach Bad Vöslau, nehmen nach dem Aussteigen dankbar die Schandmasken ab und machen uns auf den Weg Richtung Thermalbad, von wo aus wir auf den Harzberg steigen wollen. Und das Wiener Wasser, das wir in unserer Trinkflasche mitgebracht haben, tauschen wir gleich beim Bad gegen echtes Vöslauer Heilwasser „aus der Ursprungsquelle 1“ aus. Wo hat man denn das heutzutage sonst noch – um das Geld?
Danach wandern wir zuerst am „Gartenbad“ und der Kapelle vorbei, ein paar Schritte hinüber zum Kurpark und in selbigem neben Sonntags-Loungemusik-Brunchern zum Kursalon und weiter Richtung Wald. Die verwirrende Vielfalt an Wanderschildern, die uns beim letzten Mal in die Irre, aber dann doch irgendwie auf den Harzberg (merke: Fast alle Wege führen zum Harzberg!) brachte, ignorieren wir diesmal und erblicken die für unsere Route (Wanderung Nr. 24 „Vom Kursalon zur Berghütte“ in unserem unverzichtbaren Werk „Wandern im Wienerwald“) einzig maßgebliche Wandertafel, nämlich die auf dem Bild unten:

Nun schreiten wir also durch Föhrenwald angenehm bergauf, erreichen tatsächlich bald einmal die Roverhütte der Vöslauer Pfadfinder, biegen vor ihr ein und steigen dann über einen in Stufen ausgeführten Weg (der zugleich Geo-Lehrpfad ist) auf die Zufahrtsstraße zum Schutzhaus am Harzberg auf. Hier kehren wir diesmal aber nicht ein, weil noch nicht Mittagszeit ist, sondern erklimmen lieber die Jubiläumswarte, von deren Plattform aus wir einen herrlichen Rundblick genießen …
… und uns darüber wundern, dass sich auch hier ein „origineller“ Zeitgenosse (also: ein typischer Blödian) als „Kyselak“ verewigen musste. Diese Leute lesen eindeutig zu viele sogenannte Qualitätszeitungen, die sie auf dumme Ideen bringen.
Wir aber wandern weiter, durch das herrliche Waldstück, in dem der Weg zu unserem nächsten Zwischenziel führt: der Vöslauer Hütte. Jetzt wäre Essenszeit, aber die Hütte hat wegen Urlaub geschlossen. Blede Gschicht – aber wurscht. Bis zum Jubiläumskreuz Bad Vöslau sind es nur ein paar Schritte bergauf; dort setzen wir uns auf die Rastbank und trinken Wasser. Für die nächste Etappe können wir eh keinen vollen Magen brauchen …
Schweißtreibende Viertelstunden später haben wir den anstrengend steilen Hohlweg, der uns Richtung Sooßer Lindkogel bringt, erfolgreich bewältigt, und stehen bei der Wegkreuzung oben vor einem neuen Schilderwald. Für uns maßgeblich ist die gelbe Wandertafel „Hoher Lindkogel“ (obwohl wir dort nicht hinkommen); wir gehen also nach links.
Auf dem nächsten Wegstück geht es noch eine Zeitlang über Stock und Stein bergan. Und siehe da: Es kommen uns zwei Mountainbiker entgegen – und zwar viel zu schnell. Die dürfen zwar da fahren, sollten aber nach selbstauferlegten Bergradler-Regeln im Schrittempo unterwegs sein, sobald sie Fußgänger erblicken. Stattdessen rasen die jungen Herren den Weg hinunter. Da wird es für den Wanderer Zeit, im Angesicht seines natürlichen Feindes (eben des besagten Mountainbikers) Torero zu spielen und nicht – oder nur minimal – auszuweichen. Die überwuzelten bärtigen Buben (wahrscheinlich Anwaltsgehilfen, Provinzbank-Filialleiter oder Universitätsassistenten) bremsen sich also ein, rumpeln am Wanderer vorbei und raunzen: „Vielleicht kann ma a bissl mehr auf die Seitn gehen“. Entgegnet der Wanderer: „Vielleicht kann ma fahrn wie a Mensch“ – und hört, wie die zwei Deppen sich im Weiterbergabbretteln in Schimpfkaskaden ergehen. Was der Wanderer ihnen daraufhin nachruft, ist nicht druck- und auch nicht blogreif, befasst sich aber im Wesentlichen mit dem lockeren Lebenswandel der Mütter dieser beiden Zeitgenossen sowie der Möglichkeit, dass sie eventuell durch die falsche Ausscheidungsöffnung zur Welt gekommen sind. Und recht geschieht ihnen.
Wir aber kommen als nächstes zu einem wichtigen Kreuzungspunkt, von dem es im erwähnten Wanderbuch noch heißt, dass die für uns maßgeblichen Markierungen boshafterweise an der Baumrückseite angebracht sind. Das sind sie immer noch, aber zur besseren Orientierung hat man nun auch vorne an den Baum ein wahres Schilderchaos genagelt, auf dass man verharre und in sich gehe.
Wir folgen nun der in „Wandern im Wienerwald“ weiter angegebenen Route, gelangen auf ihr nach geraumer Zeit zum Jägerhaus und beschließen auf dem anschließenden Waldweg, nicht nach Bad Vöslau zurückzukehren (wie eigentlich vorgesehen), sondern spontan einen neuen Weg einzuschlagen – den durch ein handgeschriebenes Schild gekennzeichneten „Beethoven-Rundwanderweg“ (rot-weiß-rot, Nr. 40), der uns zur Ruine Rauheneck und nach Baden bringen soll.
Auf abwechlungsreichem Gelände und an einem freundlichen Rastplatz mit schönem Ausblick (siehe oben) vorüber kommen wir so wirklich zur Ruine Rauheneck und damit zu einer anderen Route („Das ,Wegerl im Helenental‘ “) aus unserem Wanderbuch.
Als wir von der Ruine nach Baden hinuntersteigen, fällt mir eine Idee wieder ein, die ich bei unseren Wanderbuch-Vorträgen manchmal scherzhaft geäußert habe: Wir könnten ja eine Fortsetzung zu unserem Werk schreiben, diesmal unter dem Motto „Die 30 schönsten Wanderungen in und um Wien – in umgekehrter Richtung“. Es ist nämlich wirklich so, dass man einen Weg ganz anders wahrnimmt (und dementsprechend beschreiben müsste), wenn man ihn von hinten nach vorne geht. Sollten wir öfter ausprobieren …
Fast an der Schwechat angelangt, stehen wir noch einmal vor den handgemalten Schildern, die den offenbar recht neuen Wanderweg (vielleicht zum Beethoven-Jahr, das ja auch ein ziemliches Opfer des Corona-Blödsinns geworden ist?) bezeichnet, auf dem wir jetzt hergekommen sind. Und dann geht’s weiter nach Baden. Schön war’s wieder. (ph)
[…] Wegen keine Überraschungen mehr erleben kann. Man braucht sie zum Beispiel – wie schon einmal erwähnt – nur in die andere Richtung zu beschreiten, um völlig andere Perspektiven wahrzunehmen, in […]
[…] Sie sich vor, Sie gehen die Tour Nr. 24 („Vom Kursalon zur Berghütte“) aus unserem großartigen Buch „Wandern im Wienerwald“. Die […]
[…] wir ja schon mehrmals auf diesen Seiten erklärt und belegt haben, ist der Mountainbiker der natürliche Feind des Wanderers: Ganz abgesehen davon, dass […]