Schlüsselerlebnis

Ein warmes und sonniges Wochenende – in diesem Frühjahr eine Seltenheit – gab uns am vergangenen Samstag Gelegenheit, endlich wieder einmal zwei bedeutende Wienerwaldwarten zu ersteigen

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So schaut er aus, der „Nasenweg“ auf den Leopoldsberg, nach dem ersten Knick. Da es tagelang kalt und regnerisch war, uns aber heute die pralle Sonne beim Aufstieg begleitet, fließt der Schweiß in Strömen, der Puls rast, und der Kreislauf beschwert sich. Aber nach 26 Minuten haben wir die Aussichtsplattform erreicht – und können auf dem Weg über das satte Grün des Frühlings hinweg mehr als nur einen schönen Blick auf die Donau werfen.

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Ja, liebe Leser, Sie haben richtig geraten: Wir haben uns am Samstag wieder einmal an Wanderung Nr. 2 („Schöne Aussichten“) aus unserem Buch Wandern im Wienerwald versucht. Aber diesmal am Wochenende und in einer Jahreszeit bzw. bei einer Witterung, zu der wir damit rechnen dürfen, dass alle Attraktionen am Weg geöffnet sind.

Bei der ersten der besagten Sehenswürdigkeiten wenden wir uns jedoch beinahe enttäuscht wieder ab. Das liegt daran, dass die schmale Holztür, durch die man den Burghof auf dem Leopoldsberg betreten kann, zu ist (auf dem Photo unten steht der Autor dieser Zeilen dahinter und hält sie auf).

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Wir trauen uns fast nicht einzutreten, wie viele andere Spaziergänger vor und nach uns. Aber dann betätigen wir natürlich doch die Türklinke, betreten den gepflegten und schön hergerichteten Hof der Anlage; …

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… sind enttäuscht, weil die Aussichtsplattform mit dem Heimkehrer-Gedächtnismal immer noch geschlossen ist; …

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… werfen einen Blick auf die alte Stadtdarstellung, an die sich viele Leopoldsberg-Besucher noch aus ihrer Kindheit und Jugend erinnern werden; schauen kurz in die Kirche, wo gerade geputzt und gesaugt wird, wahrscheinlich für eine Hochzeit; …

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… und sehen uns zu guter Letzt die burginterne Aussichtsplattform mit ihren schönen Bäumen an, die einst im Schanigarten des Gasthauses Schatten spendeten. Aber immerhin – sie sind noch da.

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Weiter geht es auf den Kahlenberg, wo wir uns wegen des hohen Touristenaufkommens nicht lange aufhalten, sondern lieber ein wenig den Villenweg entlanggehen, wo wir die erste große Schlange dieses Tages zu sehen bekommen. Wir wissen nicht, ob es eine Ringelnatter oder eine Äskulapnatter ist, die sich da in der Sonne wärmt – aber der Anblick ist jedenfalls eine Premiere für uns, und das Tier schlängelt sich gemächlich ins Gebüsch am Wegesrand, ohne sich von uns Spaziergängern allzu gestört zu fühlen.

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Die Schlange auf dem Bild unten ist übrigens eine andere, der wir später beim Aufstieg auf den Hermannskogel begegnen. Sie ist schon halb im Buschwerk versteckt, als wir den Auslöser der Handykamera drücken, und womöglich noch größer als die andere. Ich erinnere mich an dieser Stelle gern an den Ausruf eines guten, aus Deutschland stammenden Freundes, der vor vielen Jahrzehnten bei einer ähnlichen Gelegenheit lauthals warnte: „Pass uff, a Schlang!!!“ Und er hatte recht.

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Aber bevor wir zum Hermannskogel kommen, geht es vom Villenweg hinauf auf die Stefaniewarte, die – wie wir schon in unserem Beitrag „Warten auf die Warten“ feststellten – nur am Wochenende und bei Schönwetter für das Wanderpublikum zugänglich ist. Beides ist an diesem Tag der Fall, aber auf dem Schild an der Tür steht: „Geöffnet ab 12 Uhr“. Es ist zehn nach elf. Wir wollen uns gerade ärgern, als ein freundlicher Herr den Weg hinaufkommt und uns fragt, ob wir auf die Warte hinaufwollen; er kann uns aufsperren, weil er heute eh viel zu früh dran ist. Wir nehmen sein Angebot erfreut an und hängen dafür (weil wir die Ersten an diesem Tag sind) oben auf der Aussichtsplattform sogar die Glastür für ihn ein. Vielen Dank, Herr Andreas von den Naturfreunden Döbling!

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Stefaniewarte

Als wir dann weitermarschieren, stoßen wir wieder einmal auf zwei erfreuliche Beispiele für Wanderer-Selbsthilfe. Eine kommentierte Markierung kann ja nie schaden – und ist auf jeden Fall gscheiter als die grauslichen Graffiti-Schmierereien in der Stadt.

10 praktische Selbstmarkierung 1.jpg11 praktische Selbstmarkierung 2.jpg

Auf dem traditionellen Abstecher zum Agnesbrünnl müssen wir dann feststellen, dass Harvester und Holzfäller wieder einmal einen ganzen Hang vernichtet haben, seit wir zum letzten Mal hier waren.

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Beim Brünnl selbst, wo zum ersten Mal seit langer Zeit (sicher dank der heftigen Regenfälle der letzten Zeit) mehr als nur ein paar Tropfen Wasser aus der ehemaligen „Wunderquelle“ kommen, hat man anscheinend – wie man an den bunten Bändern sehen kann, die an ein paar Ästen befestigt sind – vor nicht zu langer Zeit irgendwas zelebriert. Vielleicht den Frühling, vielleicht auch etwas viel Geheimnisvolleres. Wunder wäre es jedenfalls keines, bei der bewegten Geschichte dieses sagenumwobenen Ortes …

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Als wir dann – noch einmal schwitzend und an obenerwähnter Schlange vorbei – den Gipfel des Hermannskogels erklommen haben, ist auch dort die Warte zu. „Geöffnet ab 13 Uhr“ steht da. Da es aber eh schon dreivierteleins ist, warten wir auf einer Bank ab, bis die freundlichen Damen vom Österreichischen Touristenklub eintreffen und die Tür zur Habsburgwarte aufsperren. Und weil wir auch diesmal wieder die ersten Besucher sind, kriegen wir sogar den Schlüssel zur Aussichtsplattform in die Hand gedrückt, dürfen auch hier die Tür einhängen und können dann in aller Ruhe den Blick (siehe unten) vom höchsten Punkt der Stadt Wien genießen. Beim Abschied bekommen wir dann noch jeder ein Zuckerl geschenkt, weil wir so brav waren. Danke!

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Habsburgwarte

Insgesamt ist es also ein schöner und erfolgreicher Wandertag, an dem wir unser Wartendefizit endlich aufholen und danach noch gemütlich im „Häuserl am Stoan“ einkehren.

PS: So idyllisch wie auf dem Photo unten schaut’s auch heute noch in Sievering aus. Schade nur, dass es in diesem ehemaligen Heurigenort kaum noch Heurige gibt. Man könnte gleich wieder nostalgisch werden …  (ph)

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