Mitten im Granit- und Gneishochland, sanft umschmiegt von der Deutschen Thaya, liegt die nördlichste Bezirkshauptstadt Österreichs, Waidhofen an der Thaya. Eine gut erhaltene mittelalterliche Mauerbefestigung umgibt den Stadtkern. Damit zählt Waidhofen zu den elf Stadtmauerstädten in Niederösterreich. Seit 2010 gibt es keine Anbindung an das öffentliche Schienennetz mehr. Busse ersetzen aber effektiv die Bahn und verbinden die umliegenden Gemeinden mit dem Zentrum des Bezirks – ein erfreulicher Aspekt für Wanderer, die Stadt als Ausgangspunkt von Touren zu wählen, was auch für unser neues Buch „Wandern im Waldviertel“ geschehen ist.

Bewegen wir uns über den groß dimensionierten Hauptplatz und kommen am Haus Nr. 18 vorbei, wird das Geheimnis um den Namen der Stadt gelüftet. Hier steht der Waydhoff, der auf einen Jagdhof aus dem Jahr 1171 zurückgehen und das erste Haus des heutigen Waidhofen gewesen sein soll.
Damit begeht Waidhofen 2021 das 850. Jahr seiner urkundlichen Erwähnung, was mit etlichen Veranstaltungen zelebriert wird (siehe unter 850 Jahre Waidhofen).

Auf dem nach Osten hin abfallenden Hauptplatz thront frei stehend das Rathaus. Es ist ein dreigeschoßiger Bau der Spätrenaissance und erlebte eine bewegte Vergangenheit als Schüttkasten, Lagerstätte und reformierte Kirche. Nach dem Großbrand von 1873 wurde das Gebäude in seiner heutigen Form mit den charakteristischen Stufengiebeln neu errichtet. Auch die Stadtinformation ist hier untergebracht.

Davor fällt der Blick noch auf die Dreifaltigkeitssäule von 1709, die von den Kaiserlinden gesäumt wird, die 1879 zur Silberhochzeit des Kaiserehepaars gepflanzt wurden.

Auf Hauptplatz 9 steht das barocke ehemalige Gerichtsgebäude (bis 2001), nun in Bankbesitz. 1753 bis 1819 war es die Heimat des Werkamts der Schwechater Baumwollmanufaktur, da Waidhofen zu dieser Zeit eine Hochburg des Weberhandwerks war. Etwa 20.000 Personen wurden von hier mit Spinn- und Webarbeiten versorgt.
Bergauf gewendet bewegen wir uns auf einen gewaltigen Sakralbau zu: die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt mit ihrem 54 m hohen Turm. Matthias Fölser errichtete 1713–23 anstelle eines gotischen Baus die barocke Saalkirche auf dem höchsten Punkt der Stadt (510 m) – liebevoll als „Dom des Waldviertels“ bezeichnet.

Das Innere ist prachtvoll gestaltet: Der beeindruckende Hochaltar zeigt auf zwei Gemälden Apostel am Grab und die Himmelfahrt Mariens. Das Ratsherrengestühl ist eindrucksvoll; die Fresken sind in kräftigen Farben gehalten. In der Marienkapelle befindet sich eine Muttergottes-Statue aus dem 15. Jh. Die größte Orgel des Waldviertels stammt aus dem Jahr 1729.
Gehen wir an der Kirche vorbei und biegen links in die Moritz-Schadek-Gasse ein, gelangen wir zur auffälligen Zwiebelkapelle an der Kreuzung mit der Gymnasiumstraße. Sie ist das Überbleibsel der Kapelle eines aufgelassenen Friedhofs, der sich hier befand.

Gegenüber zweigt neben dem modernen Spitalskomplex der Schubertweg ab, über den wir nach dem Pestkreuz zur Südpromenade an der Stadtmauer gelangen und neben dem Weißen Kreuz zur Schadek-Bank kommen, die an den Mundartdichter Moriz Schadek erinnert. Am Wegrand tauchen immer wieder Tafeln des Literaturpfads mit Aphorismen heimischer Dichter auf. Unser Blick schweift auch zur Thaya und über die Dächer von Niedertal, dem ältesten Vorort außerhalb der Stadtmauer, mit seiner Bürgerspitalskirche.

So bewegen wir uns auf den Burgkegel zu, wo im Mittelalter über der Thayasenke ein Bollwerk als Abschluss und Verstärkung der Stadtbefestigung an der Ostspitze der Stadt angelegt wurde. 1770 wurde die Burg schrittweise zum Schloss in der heutigen Form umgebaut und kam in Privatbesitz.

Wir wollen noch die nördlichen Mauerteile betrachten und benützen einen Durchschlupf in der Biegung der Wiener Straße, um zur Nordpromenade zu gelangen. Diese schlendern wir abschließend neben dem Grünbereich des ehemaligen Stadtgrabens an weiteren Stationen des Literaturpfads und am auffälligen Pulverturm vorbei …

… und erreichen so den Überstieg und den freien Parkplatz an der Ziegengeiststraße. Gegenüber dem Stellplatz können wir einer tierischen Attraktion ersten Ranges einen Besuch abstatten, denn hier befindet sich seit 2003 die größte Waldrapp-Voliere der Welt. Eine Abbildung im Stadtbuch aus dem Jahr 1383 wurde dahingehend gedeutet, dass der Waldrapp hier wohl einmal heimisch gewesen sein muss. Man widmete dem streng geschützten Ibisvogel eine eigene Kolonie, um ihn hier in Gefangenschaft zu schützen und zu züchten. Die Tiere können täglich um 8.30 und 15 Uhr bei der Fütterung beobachtet werden. Für Führungen meldet man sich unter 0664/949 39 29 an.

Diesem kurios anmutenden Tier kann man aber auch schon bei einer Annäherung auf dem Straßenweg von Nordwesten her begegnen, denn ein 4,5 m großes blechernes Exemplar ist zentrale Figur in einem Kreisverkehr (siehe Beitragsbild). Einen anderen Kreisverkehr an der Westeinfahrt ziert ein kleineres Exemplar aus Stein.
Ungewöhnlich ist auch das Silomuseum vor dem Einkaufszentrum Thayapark: Hier kann werktags zu den üblichen Geschäftszeiten unentgeltlich der Lagerhaus-Silo bestiegen werden, um von einem der höchsten Punkte der Stadt die Aussicht zu genießen. Am Fuß des Turms befindet sich ebenfalls ein Kreisverkehr, in dessen Mitte ein Dürer-Hase aus Lärchenholz hockt.

Besuchenswert ist auch das Stadtmuseum in der Moritz-Schadek-Gasse 4, dessen Haus 1890 entstanden ist und auf eine „Schweinebaronin“ zurückgeht. Das Museum steht von Mai bis Oktober Sa, So und Fei von 10–12 und 14–17 Uhr offen, im Juli und August auch an Freitagnachmittagen, und beherbergt die Ausstellung „StadtGeschichten“ sowie das Waldviertler Webereimuseum. Ein zusätzlicher Blickfang ist die komplett eingerichtete Greißlerei.

Was es mit dem verbundenen Kellersystem im Untergrund auf sich hat und was Sie bei einer Stadtrunde in Waidhofen an der Thaya noch alles sehen können, entnehmen Sie gerne unserem Buch „Wandern im Waldviertel“.
Nach und nach werden Sie in unserem Blog kurze Beschreibungen der Wanderungen aus unserem Buch sowie diverser Wandererlebnisse finden. Schauen Sie also öfters bei uns vorbei!
Unsere vier vom Ausgangspunkt Waidhofen an der Thaya erreichbaren Routen:
Moor and more. Vom Heidenreichsteiner Moor nach Waidhofen an der Thaya
Zwischen Fluss und Bahn. Entlang der Deutschen Thaya nach Waidhofen an der Thaya
Bootsfahrt im Keller. Durch das Thayatal nach Dobersberg
Bandlkramer-Nostalgie. Von Groß-Siegharts nach Waidhofen an der Thaya
(shaw)
[…] dem Weg nach Waidhofen an der Thaya (Endpunkt dieser Wanderung und einer der sieben Ausgangspunkte für Waldviertel-Wanderer, die wir […]